Orofaziale Dysfunktionen sind Störungen der Muskelfunktionen im Mund-, Gesichts- und Halsbereich. Hierzu zählen Einschränkungen in Bewegungs- und Koordinationsabläufen sowie ein muskuläres Ungleichgewicht aller am Schlucken beteiligten Strukturen. Leitsymptome dieser Störungen sind z.B.:
- Mundatmung
- unphysiologische Zungenruhelage
- vorverlagertes Schluckmuster
- vorverlagertes Sprechen (z.B. Lispeln)
- Zahnfehlstellungen
- Veränderungen des Kiefer- und Kausystems (z.B. hoher und enger, Gaumen)
- eine unausgeglichene Muskelbalance im Mund- Gesichts- und Halsbereich
Hier finden Sie einige Ursachen für die Entstehung der orofazialen Dysfunktion:
- Störungen der Primärfunktionen: Saugen, Beißen/Kauen, Schlucken, Atmen (z.B. durch eine „falsche“ Füttertechnik bei Säuglingen, wodurch ein vorverlagertes Schluckmuster entstehen kann)
- Genetisch bedingte Zahn- Kieferfehlstellungen
- Habbits wie z.B. ein zu langer Gebrauch eines Schnullers, Daumen lutschen, Fingernägel kauen usw.
- organisch bedingte Ursachen (Lippen-Kiefer-Gaumen Spalten, infantile Cerebralparese)
Beispiele von orofazialen Dysfunktionen in der Logopädie:
1. Ein Kind hat einen Infekt und atmet dadurch, um überhaupt Luft zu kriegen, hauptsächlich durch den Mund. Wenn diese Mundatmung nun aber nach dem Infekt beibehalten wird, kann es passieren, dass sich die Zähne, vor allem wenn zusätzlich eine Vorverlagerung der Zunge beim Sprechen hinzukommt, verschieben. Warum? Weichteile formen Hartteile. Und: Funktion bestimmt Form. Wenn also die Lippen (= Weichteil) den Zähnen (= Hartteil) keine Begrenzung nach vorne mehr geben und zusätzlich die Zunge (= Weichteil) Druck beim Sprechen gegen die Zähne ausübt (fehlerhafte Funktion), könnte es zum verschieben der Zähne kommen. Logopäd*innen würden hier z.B. in erster Linie am Mundschluss arbeiten. Die Nasenatmung wird wieder aktiviert. Gegebenenfalls werden Artikulationsübungen bei vorhandener Fehlfunktion der Zunge beim Sprechen durchgeführt.
2. Ein Kind zeigt ein vorverlagertes Schluckmuster, d.h. die Zunge drückt bei jedem Schluck, egal ob Speichel oder Nahrung, gegen die Zähne. Als Folge kann es zu Verschiebungen der Zähne kommen. Logopäd*innen bahnen in der Therapie eine korrekte Zungenruhelage an, die Voraussetzung für das richtige Schlucken ist. Anschließend übt man mit verschiedenen Konsistenzen (Speichel, Wasser, Joghurt, feste Nahrung) das physiologische Schlucken. Die Zusammenarbeit mit Kieferorthopäd*innen ist hier sehr wichtig, da eine logopädische Behandlung je nach Störungsbild vor, während oder nach einer kieferorthopädischen Therapie sinnvoll ist.
3. Ein Kind benutzt über lange Zeit einen Schnuller oder nuckelt am Daumen, wodurch ein offener Biss entstanden ist, d.h., dass z.B. die vorderen Schneidezähne beim Zusammenbeissen eine Lücke aufweisen. Manche Kinder können sogar aufgrund der Lücke nicht mehr richtig abbeißen. In der logopädischen Therapie wird nun die Abgewöhnung des Schnullers/ das Nuckeln am Daumen herbeigeführt. Der Schnuller oder das Lutschen am Daumen wird jedoch nie verboten. Es geht eher darum, dass durch die in der Therapie durchgeführten Übungen, z.B. Saugübungen, die Muskulatur „müde“ macht, und das Saug- oder Nuckelbedürfnis gestillt wird. Das Kind wird nach einiger Zeit höchstwahrscheinlich den Schnuller oder Daumen von sich aus nicht mehr benutzen. Dadurch gelingt häufig eine erfolgreiche Abgewöhnung der Habbits. Es gibt noch viele weitere Beispiele, die Bedeutung in der logopädischen Therapie haben und behandelt werden. Bei weiteren Fragen kontaktieren Sie uns gerne! Weitere Informationen finden Sie auf der Seite unter: Logopädie Kiel - die Praxis Website